Donnerstag, 28. Februar 2008

Das Luftloch über Oldenburg

Diese Jungs hatten tatsächlich allen Grund, schreckensbleich wie die Urlauber zu werden: Eine Transall mit 60 schon für den Absprung bereitstehenden - das Stehen ganz wörtlich zu nehmen - Fallschirmjägern hat über dem Landkreis Cloppenburg demonstriert, warum der Kapitän im Zivilflieger nicht umsonst darum bittet, sich immer anzuschnallen. Mitten in einer Kurve fehlte ein ganzes Stück Belag in der wohl schlecht gepflegten Luftstraße - denn die Maschine fiel...


...in ein Luftloch. Und die arme Soldateska rumpelte und pumpelte durch den Laderaum.

Dieses ganz alltägliche Ereignis wird von hornbebrillten Menschen in weißen Kitteln, die in unverständlichen Fachbegriffen miteinander reden, auch mit dem weltfremden Ausdruck

Turbulenz

bezeichnet. Aber wer weiß schon genau, was Turbulenzen sind? Steckt da nicht Dr. Klaus Zumwinkel gerade drin? Und deshalb titeln meine Kollegen von der Nordwest-Zeitung lieber mit einem völlig blödsinnigen Begriff für ein nichtexistentes Phänomen - dem Luftloch eben. Als wenn da auf einmal eine kleine, putzige Vakuumblase gewesen wäre, um im Pressesprech zu bleiben.

Spaß beiseite, 25 von den Jungs haben sich verletzt. Das hat also gewaltig gerumst. Vielleicht ein Microburst?

Hey, das ist haltlose Spekulation, sagt mein geneigter Leser jetzt. Ja aber Herrgottsblechle, ich will doch auch Journalist werden! Sollte ich mich da nicht schon beizeiten wie einer verhalten?

Gegen den Major am Knüppel der Transall hat die Bußgeldstelle des Heeres mittlerweile ein Verfahren wegen Popeln am Steuer eingeleitet. Hätte der gute Mann doch einfach die Beschilderung beachtet, dann blieben ihm jetzt die vierzig Euro und der Punkt erspart.

Freitag, 8. Februar 2008

"Jetzt" weiß es sogar der "Express"

Auf diesem Wege möchte ich mich herzlich bei dem freundlichen Zeitgenossen bedanken, der heute morgen seinen "Express" in der Linie 66 liegengelassen hat. Hat die Fahrt nach Augustin entscheidend verkürzt.

Zwar sind sie etwas langsamer als der Rest der Welt gewesen, aber trotzdem haben die Kollegen aus Köln heute ein richtig heißes Eisen auf Youtube aufgetan:

"Jetzt wissen wirs: Die strippende Stewardess arbeitet für..."

Thema: Eine hübsche Stewardess mit hübsch großen Brüsten entkleidet sich im Cockpit. Herr Kapitän wiegt die Melonen sicherheitshalber noch mal nach und läßt das Ganze vom Ersten Offizier mitfilmen. Haben ja auch nichts zu tun im Cruise. Dieses jahrealte Filmchen überrollt das Internet momentan schneller als der Anna-Kournikova-Virus. Leider findet der Kenner zwei Fehler in der Schlagzeile:
  • "Jetzt" bedeutet wohl, daß beim Express jetzt auch die Kommentare von Youtube-Videos gelesen werden. Denn daß die freizügige Dame bei der AOM angestellt war, ist bekannt, seit dieses Video im Netz ist.
  • Zweitens ist bekannt, wo sie gearbeitet hat - denn die AOM gibt es nicht mehr. Wo Madame heute buckeln geht, ist unbekannt. Geben die Jungs im Artikel dann auch zu.
Das ist eben Boulevard-Niveau und bei einer Zeitung, die in derselben Ausgabe einen "VW Sprinter" unterbringt, auch nicht verwunderlich. Solange sie weiterhin zwei nackte Frauen pro Ausgabe bringen, stört mich das nicht.

Nur ärgert mich jetzt, daß ich meinen eineinhalb Jahre alten Bookmark nicht mehr habe. Da hatte ich das freizügige Franzosen-Filmchen schon mal gefunden. Sogar in richtig guter Qualität und nicht der 4x3-Pixel-Auflösung auf Youtube. Tja, das dürft Ihr mir jetzt glauben ;-)

Israelische Kampfpiloten fliegen mit Dauerständer

Wären die mal bei LSD geblieben - das macht wenigstens keine Latte.

Unfaßbar...

Sonntag, 3. Februar 2008

Wahnsinn: Bild macht alles richtig

Da fängt der Tag doch glatt mit einem richtig dicken Ding an. Ausgerechnet das Luftfahrt-Fachblatt "Bild", beliebt für seine tolle Witzekiste, macht auf einmal alles richtig. Oder schreibt korrekt aus den Werksunterlagen ab - auch das wäre schon mal ein Fortschritt.

Ob man sich von diesem 360-Grad-Bild, das seit einer knappen Woche durch die Aviation-Community im Internet geistert, zu diesem Überblick des A380-Cockpits hat inspirieren lassen? Die Fachtermini werden im richtigen Kontext verwendet, knackig die wichtigsten Features zusammengefaßt, nur hätte man ein besseres Photo verwenden können. Ich hätte nicht gedacht, daß ich das noch erleben darf. Daumen hoch!

Tausend Dank an Herrn C. M. aus der Mainmetropole für den sachdienlichen Hinweis.

Freitag, 1. Februar 2008

Schreckensbleiche Urlauber, Teil 1

Jeder kennt das. Der Flieger ist mal wieder im Arsch, und die Passagiere entgehen so gerade noch dem totalen Inferno, weil diese überbezahlten Halbgötter in blau da vorne in ihrer Panik zufällig auf das richtige Knöpfchen gedrückt haben.

Man bekommt diesen Eindruck, wenn man Zeitung liest. Einige meiner zukünftigen Kollegen haben offensichtlich keinen blassen Schimmer, was Luftfahrt angeht. Leider lassen sie sich davon nicht aufhalten, sich mit schöner Regelmäßigkeit an ihren Artikeln zu verheben. Von Schmunzelfehlern bis zu grobem Unfug ist alles möglich, egal ob das Ganze nur ein bißchen oder verdammt reißerisch rübergebracht wird. Dabei ist es nicht mal Hexerei, handwerklich gute Artikel zur Fliegerei zu schreiben.

Andererseits: Manches Kunstwerk der dramatischen Überspitzung und der Groteske wären uns verlorengegangen, wenn sie nicht den Sprung aus einem Journalistenhirn ans Tageslicht geschafft hätten. Kostprobe gefällig?

  • "Schreckensbleich hingen die Urlauber in den Gurten" (Agenturmeldung)
  • "Passengers screaming as the airplane plummeted to death" (The Sun)
  • "Seelenruhig meldete der Pilot: Gehe auf Gleitflug" (Bild)
  • "Und das gilt auch für die Turkish Airlines, denen in den letzten Jahren auch ein paar Flugzeuge aus dem Himmel gefallen sind" (Korrespondent auf Eins Live)
Wenn ein Reisebus die Klippe runterstürzt, taucht so etwas nirgendwo auf. Niemand schreit in Todesangst, wenn eine Seilbahn abstürzt. Wo waren realitätsverzerrende Schreckensberichte von Eschede-Überlebenden? Und warum tauchen nur in zwei von zehn Wirtschaftsreportagen falsche Aussagen auf, aber in neun von zehn Luftfahrtartikeln?

Die auffällige Anhäufung inhaltlicher Fehler und übersteigerter Passagen kann ich derzeit nur festhalten. Meine werten Mitbürger sollen aber trotzdem wissen, daß ihre Tageszeitung den Anspruch auf richtige und sachliche Informationen nicht erfüllt, wenn es um Luftfahrt geht.

Ich will hier nicht ähnlich kleingeistig wie das Bildblog jede falsche Silbe sezieren (auch wenn das lustig ist). Stattdessen werde ich in loser Folge jeweils dann, wenn es aktuell ist, die schönsten verbalen Fehlgriffe und unterhaltsamsten Fehler heraussuchen und vorführen, wie es mit einem Hauch mehr Recherche möglich gewesen wäre, gute Arbeit abzuliefern.

Ausnahme: Um deutlich zu machen, welche Ausmaße dieses Problem hat, schnappe ich mir bald die Königin des deutschen Journalismus, tagesschau.de, um zu zeigen, worum es mir geht.

Stay tuned...

Das Wunder von Friedrichshafen

Mitten in dieser netten, kleinen Stadt am Bodensee ereignete sich vor knapp zwei Jahren ein Wunder. Und die Welt hat nichts davon mitbekommen. Die Jungs von der dort ansässigen Motoren- und Turbinenunion bauen seit 2006 eine Dieselmotorenbaureihe, die Audis V12-TDI für deren Le-Mans-Rennwagen als kurzatmigen Schlappschwanz disqualifiziert. Wozu es doch alles gut sein kann, in der Mittagspause die Januar-Ausgabe 2006 der Motorentechnischen Zeitschrift in der FH-Bibliothek durchzublättern.

Dieselmotoren für schwere Einsätze sind bleischwer, riesengroß und haben die Literleistung eines Vorkriegsautos - normalerweise. Hier liegen die Dinge etwas anders. Zum Auf-der-Zunge-Zergehenlassen:

  • Das Leistungsgewicht des vollständig aus Aluminium gefertigten Motors beträgt weniger als ein Kilogramm pro PS.
  • Der Motor ist klar kurzhubig ausgelegt.
  • Die 5,5l-Reihenfünfzylindervariante leistet laut MTZ 550 kW / 750 PS bei 4250 u/min.
  • Die V12-Variante mit knapp elf Litern Hubraum hat dieselbe Nenndrehzahl und leistet 1250 PS.
  • Im Zahnradantrieb der Nockenwellen sind zwischen Nockenwellenrad und Kurbelwellenrad pro Seite jeweils drei Zwischenräder angeordnet.
  • Der Motor besitzt einen Niedrigtemperatur- und einen Hochtemperatur-Kühlwasserkreislauf mit zwei separaten Radiatoren.
  • Zur Belüftung der Radiatoren werden zwei saugend ausgelegte Radialventilatoren verwendet.
  • Jeder Radialventilator hat eine Leistungsaufnahme von 32 kW.
  • Der Startergenerator erreicht Leistungen von über 120 kW.
  • Der gesamte Ölvorrat mit Ölpumpe und -filter ist bei den V-Motoren im Raum links und rechts unterhalb des V untergebracht. Es gibt keine Ölwanne.
  • Auf Wunsch ist ein Seriell- oder Parallelhybrid darstellbar, dessen Komponenten allesamt in das Motormodul passen.
Wow.

Wer nach dieser Anhäufung von Fakten nicht feuchte Augen bekommt und sich berührt von der unglaublichen Arbeit der Ingenieure den Klang eines bei Nenndrehzahl brüllenden Elfliter-Zwölfzylinderdiesel ausmalt, hat keine Motorendatenblätter auf dem Klo liegen und ein Herz, wo andere eine Doppelkammer-Hydraulikpumpe haben.

Meine Damen und Herren, einen brandenden Beifall bitte für den besten Dieselmotor der Welt.
Und eine Runde Mitleid für die Presseabteilung bei MTU, die das Teil nicht mal im Technik-und-Motor-Teil der FAZ untergebracht bekommen hat.