Donnerstag, 11. September 2008

Die ARD-Hörfunkfritzen...

haben's einfach nicht draf. Daß Herr Bernd Musch-Borowska (ARD-Hörfunkstudio Südostasien) sich besser nicht zur Luftfahrt äußern sollte, habe ich letzten Monat schon festgestellt. Sein Kollege Reinhard Spiegelhauer vom ARD-Hörfunkstudio Madrid hat ebenfalls nicht den Funken einer Ahnung davon, über was er da bei tagesschau.de herumfaselt.

Heute verwende ich mal eine neue Korrekturmethode bei Herrn Spiegelhauers mißratenem Aufsatz.

"Der Flug JK 5022 steht startbereit auf Bahn 36L, sein Ziel: Las Palmas de Gran Canaria. Flugkapitän Antonio García Luna gibt maximalen Schub."

Nein.

"Wir erreichen Startgeschwindigkeit. Jetzt könnten wir zwei Probleme haben: einen Brand im linken Triebwerk und ein Versagen des rechten Triebwerks. In diesem Moment streift ein Flügel den Boden und schließlich landet die Maschine da, wo sie jetzt liegt."

Nein.

"Und dann wird bekannt, dass der Pilot einen Startversuch abgebrochen hatte und Techniker danach einen Temperaturfühler still gelegt haben. Fragen kommen auf: War der Jet überhaupt flugtauglich?"

Nein.

Scherz!
Ja, also, falsch.


"Wie bekannt wird, war die Maschine 15 Jahre alt. Spanair wollte das Flugzeug vom Typ McDonnal-Douglas MD 82 angeblich verkaufen."

Na und? Außerdem sind Sie zu dämlich, um richtig abzuschreiben.

"Das Flugzeug hatte seinen jährlichen Wartungstermin am 24. Januar."

Falsch. Jährlich oder nach 30.000 Meilen.

"Piloten und andere Luftfahrt-Experten warnen vor voreiligen Schlüssen. Spanair habe sich vor allem wegen des hohen Spritverbrauchs von Maschinen aus der MD-80 Familie trennen wollen."

Nein. Spanair tankt jetzt bei Shell und fliegt weiter pro Liter Super Plus.

"
Die Flugschreiber sollen von Spezialisten in England ausgewertet werden."

Falsch. Das sind Experten.

"Die Maschine brauchte angeblich einen halben Kilometer länger als üblich, um abzuheben. Das erinnert Experten an den missglückten Start einer MD-82 in Detroit, 1987: Damals waren die Landeklappen - die so genannten „flaps“ - nicht richtig ausgefahren."

Nein. Das war ein Unglück mit einer einzigen Überlebenden. Und die "sogenannten Landeklappen" waren überhaupt nicht ausgefahren. Steht doch alles hier.



He, Spiegelhauer! Setzen, sechs! Sie schreiben weiterhin über Prinzessin Letizias Riechkolben. Davon haben Sie bestimmt mehr Ahnung.



Freitag, 8. August 2008

Fragestunde

Schwerer Sturm über Norddeutschland. Unangenehme Sache, das.

Noch unangenehmer finde ich, daß sich NDR Online nicht mal klar ausdrücken kann.

"Nachdem am Freitag im dänischen Apenrade ein Blitz in eine Kraftwerksleitung eingeschlagen war, [...]"

"Kraftwerksleitung"? Das Wort gibts gar nicht. Was zum Deibel soll das denn sein? Der Kollege oder die Kollegin meint bestimmt eine Überlandleitung, vulgo "Stromleitung".

"Die ICE-Strecke zwischen Hannover und Bremen [...]"

Die ICE-Strecke zwischen Hannover und Bremen? Die gibts gar nicht. Zwischen Hannover und Bremen gibt es eine stinknormale Eisenbahnstrecke, auf der so ziemlich alles verkehrt, was so auf deutschen Schienen rumkreucht. Auch ICEs.

Was meinen die denn jetzt damit? War die gesamte Strecke gesperrt oder sind nur keine ICEs mehr gefahren oder wie oder was?

Dieser Artikel macht mich fragend, oh Herr.

Ein zartes Lob

Zugunglück in Tschechien, sechs Tote, dreißig Verletzte. Eine Autobahnbrücke ist über einer Eisenbahntrasse zusammengestürzt (wie auch immer so etwas in Mitteleuropa passieren kann), ein EuroCity ist dagegengefahren. Guter Artikel von tagesschau.de bis auf eine Kleinigkeit:

"Ein Sprecher der tschechischen Bahn sagte, der Lokführer habe sofort eine Notbremsung eingeleitet, als er den Brückeneinsturz bemerkte. Er habe aber nicht mehr verhindern können, dass der Zug in die Trümmer raste, so ein tschechischer Bahn-Inspekteur. Der Zug sei mit Tempo 120 auf die zerstörte Brücke geprallt."

Es müßte korrekterweise "Schnellbremsung" heißen. Mal nebenbei: Wenn ein Fahrgast die Notbremse betätigt, wird lediglich eine Vollbremsung und keine Schnellbremsung eingeleitet. Aber unter "Schnellbremsung" kann sich niemand etwas vorstellen, daher geht die Verwendung von "Notbremsung" hier in Ordnung, auch wenn es das Wort nicht gibt.

Und der Zug ist NICHT gerast. Züge rasen nicht. Herrgottsblechle noch eins! Kanns denn so schwer sein?

Wenn 120 km/h heute schon "rasen" ist - dann wird ja auf deutschen Autobahnen wahnsinnig viel "gerast". Dann "rast" ja jedermann.

Montag, 4. August 2008

Die alten bösen Lieder (2)

Wieder zur Luftfahrt, meinem liebsten Steckenpferd. Es ist schon etwas her, daß eine Boeing 747 der Qantas in Malaysia gelandet ist, da der Druck in der Kabine während des Reisefluges plötzlich abfiel. So what? Passiert fast täglich irgendwo auf der Welt.

Okay, es sah natürlich spektakulär aus.

Am 25. Juli 2008 geschah das, und tagesschau.de meldete das natürlich. Bernd Musch-Borowska, der "ARD-Hörfunkkorrespondent Singapur", fabrizierte dazu drei Tage später einen erschreckend mangelhaften, unqualifizierten Bericht.

Ich bin mir sicher, daß die ARD ihre Auslandskorrespodenten-Posten nicht nach dem Zufallsprinzip vergibt und Herr Musch-Borowska ein gestandener Journalist ist. Offensichtlich hat er aber - mit Verlaub, Herr Kollege - nicht mal einen blassen Schimmer von Luftfahrt.

"In 8000 Meter Höhe reißt der Rumpf eines Flugzeuges plötzlich auf, die Maschine sackt tausende Meter ab."

Nein! Nein! Nein, nein und nochmals Nein! Sie ist nicht "abgesackt"! Die Piloten haben die Reiseflughöhe verlassen, weil sie einen Druckverlust in der Kabine bemerkten. Daß man dann um "tausende Meter" tiefer fliegt, will ich ja wohl hoffen - denn sonst sterben alle Mann an Bord an Atemluftmangel, wenn die Sauerstofflaschen leer sind. Vom Erfrieren gar nicht zu reden.

"Die Passagiere sahen Rumpfteile am Fenster vorbei fliegen"

Müssen die aber eine rasche Wahrnehmung haben, wenn plötzlich etwas mit fast vierstelliger km/h-Geschwindigkeit an ihnen vorbeirauscht und sie das erstens nicht nur wahrnehmen, sondern zweitens auch noch im Halbdunkel korrekt als Rumpfteil identifizieren können.

"Und erst dachte ich, dass da auch Rauch war, aber es war kein Rauch sondern eher Kondensationsnebel."

Volltreffer. Eiskalter Schluß. Da war wohl Adrenalin mit im Spiel - sonst denkt man nicht so klar über physikalische Phänomene nach, wenn plötzlich die Masken runterfallen, die Ohren schmerzen, der Magen steigt und alle Menschen um einen herum schreien.

"Dem Piloten gelang es, das Flugzeug nach einem kontrollierten Sinkflug von mehreren 1000 Metern sicher in Manila notzulanden."

Ein Buchstabe anders, und alles wäre richtig. Aber das werden meine Kollegen niemals lernen. "Den" Piloten heißt es! Da vorne sitzen zwei Mann! Mindestens - auf so einer langen Strecke hat Qantas zwei zusätzliche Erste Offiziere dabei, die ihre Kollegen schichtweise ablösen. Alle sind sie Piloten, und die zwei in den Chefsesseln landen das Flugzeug gemeinsam. Nicht einer alleine!

Korinthenkackerei beiseite: Das war keine waidwund geschossene B-17, die 1943 auf einem englischen Behelfsflugheld mit nur noch einem funktionierenden Motor und einem Flügel (Scherz) landet, sondern ein fast vollständig intaktes Verkehrsflugzeug. Daß den Jungs die Landung "gelang", finde ich nicht weiter erwähnenswert - das erwarte ich sogar.

"Auf dem Monitor sah ich, dass wir gerade über dem südchinesischen Meer waren und ich dachte, entweder schaffen wir es noch bis nach Manila oder wir gehen hier irgendwo im Wasser runter."

Das steht drin, damit sich der Leser damit identifizieren kann. Wer sich mit so was identifizieren kann - okay, bitte. Ich könnte auf so einen Scheiß verzichten. Armageddon ist anders.

"Die Ursache für den Zwischenfall steht noch nicht fest."

Ach was. Das dauert auch Monate oder Jahre, bis die Ursachen für solche Zwischenfälle feststehen. Das ist nicht so einfach wie "Hab vergessen zu tanken und bin auf der A59 ausgerollt." Wird immer wieder geschrieben, obwohl es total überflüssig ist.

"Vier Experten der Fluglinie sind auf dem Weg nach Manila, [...]"

Warum müssen das immer "Experten" sein? Erinnert Ihr Euch an die Stelle aus "The Big Lebowsky", als die Lebowsky-Tocher dem Dude auf VHS vorführt, was Bunny Lebowsky so in ihrer Freizeit treibt? Bunnys hübsche Freundin fragt Karl, den deutschen Porno-Stecher, wer er denn sei, und er sagt völlig zu Recht: "Mein Name ist Karl, ich bin Experte."

Solche Menschen sind Experten. Wie wäre es hier stattdessen mit Ingenieuren, Technikern oder Sachverständigen? Herrje, selbst Karl Moik ist Experte!

Für Volksmusik.

"Qantas gilt als eine der sichersten Fluggesellschaften der Welt. In den vergangenen zehn Jahren gab es nur zwei spektakuläre Vorfälle, verletzt wurde dabei niemand."

Na ja - das Hole-in-One mit der 747 auf dem Golfplatz zwischen den Landebahnen des Bangkoker Flughafens (den gibt es wirklich - den Golfplatz) lasse ich zwar als "spektakulär", aber nicht mehr als "Vorfall" durchgehen. Das war ein astreiner Unfall und pures Glück, daß niemand zu Schaden kam. Okay, wahrscheinlich hat der Greenkeeper nen Herzschlag bekommen.

Bei Veröffentlichung des Artikels stand da sinngemäß übrigens noch, daß noch nie ein Passagierflugzeug von Qantas verlorenging. Müßt Ihr mir jetzt glauben, da das inzwischen geändert wurde. Zwar ist nie ein Qantas-Jet verunglückt, aber mit Propellermaschinen gab es Abstürze. Herr Musch-Borowska hätte mit einem kurzen Blick in die Wikipedia diesen kapitalen Bock verhindern können. Hat er aber nicht - finde ich bemerkenswert. Hat er Rain Man gesehen und an die Urban Legend geglaubt?

Also, Tagesschau: So wird das in Zukunft nichts. Laßt doch einfach mich die Artikel schreiben. :-)

Die alten bösen Lieder (1)

Zwei Klicks von dieser frisch-fehlerfreien, auf tagesschau.de verlinkten Meldung entfernt, findet sich im Online-Angebot des NDR unter der Rubrik "Dossiers" eine Auflistung namens "Die schwersten Bahnunglücke seit 1990". Einige der dort aufgeführten Vorfälle sind keine "Bahnunglücke" im Wortsinn, sondern alltägliche Ereignisse. Manchmal haben sie mit "der Bahn" auch überhaupt nichts zu tun. Der Reihe nach:

"12. Oktober 1991: In Köln werden sechs Gleisbauarbeiter von einem Personenzug getötet, ein weiterer Arbeiter wird verletzt."

Ist nicht schön, aber (leider) ein austauschbares Ereignis und kein schweres Bahnunglück.

"20. Mai 1992: An einem unbeschrankten Bahnübergang bei Jarrenwisch (Schleswig-Holstein) erfasst ein Triebwagen einen Kleinbus und tötet alle sieben Bus-Insassen, darunter sechs Kinder."

Und am 14. Oktober 1995 ist in Bad Oldesloe ein Kartoffelsack umgefallen. Bei Rot über den unbeschrankten Bahnübergang? Selber schuld! Wenn man die Kinder mal wegläßt, passiert das jede Woche einmal irgendwo in Deutschland. Erst vor wenigen Wochen: Vier tote polnische Erntehelfer, unbeschrankter Bahnübergang. (Ich liebe meinen "Express", sorry) Die stehen übrigens nicht im "Dossier". Denn da sind ja nur vier Menschen gestorben und nicht "mindestens fünf".

"10. Dezember 1992: In Bad Oldesloe (Schleswig-Holstein) rast ein Eurocity in eine Gleisarbeiterkolonne und tötet sieben Menschen."

Ohja. Gerast ist er also? Mit dem Verb "rasen", besonders "in etwas rasen" assoziiere ich aufbrüllende Motoren, quietschende Reifen, in Panik schreiende, auseinanderstiebende Menschen. Ein Laster, der mit 80 durch die Fußgängerzone brettert, dabei Sonnenschirme, Eiscafe-Kunden und kleine Kinder mitreißt. Tempo 200 in geschlossenen Ortschaften - so etwas ist "rasen". Verantwortungslos überhöhte Geschwindigkeit, Vorsatz, Handeln gegen besseres Wissen.

Ich bin mir ziemlich sicher, daß der betreffende Lokführer nicht mit 200 durch die Baustelle durch ist, denn bei Gleisbauarbeiten ist Tempo 40 angesagt. Das weiß der Lokführer nicht erst, wenn die La-Scheibe rechts neben dem Gleis steht. Durch die Verwendung des Wortes "rasen" beeinflußt der NDR den Leser, denn jetzt geht der erst mal von einer Schuld des Lokführers aus, denn der ist ja "gerast". Aber Züge rasen nicht.

"3. Juni 1998: Das Inferno von Eschede (Niedersachsen)."

"Flammendes Inferno". Ist meine erste Assoziation. Warum schreibt das eigentlich niemand, wenn Flugzeuge abstürzen? Klingt doch astrein!

"12. April 1999: Im nordrhein-westfälischen Wuppertal wird eine Schwebebahn von einer Stabilisierungskralle aus der Führung gehebelt und stürzt mehrere Meter in die Tiefe."

Die Schwebebahn in Wuppertal wird nach der BOStrab und nicht nach der EBO betrieben. Mit der Eisenbahn im Wortsinn hat sie rein gar nichts am Hut. Dieser Unfall gehört schlicht nicht in den Artikel - oder heißt der etwa "Die schlimmsten Straßen- und Schwebebahnunfälle seit 1990"?

"6. Februar 2000: Beim Bahnhof Brühl (Nordrhein-Westfalen) entgleist ein Nachtexpress auf dem Weg nach Basel. Die Lok prallt gegen ein Wohnhaus, mehrere Waggons stürzen eine Böschung hinunter. Neun Menschen sterben, etwa 300 werden verletzt."

Furztrocken und - fast - präzise. Denn mit einem Nachtexpress bin ich noch nie gefahren, wohl aber mit einem EuroCity, vulgo: InterCity, der ins Ausland weiterfährt.

Oben schrieb ich, daß Züge nie rasen. Aber wenn jemals einer gerast ist (von dem hier mal abgesehen), dann war es der in Brühl entgleiste EC. Der Lokführer hat offenbar wegen einer Mischung aus mangelnder Kommunikation, wenig Erfahrung und unklar formulierten Richtlinien seinen Zug in einer Langsamfahrstelle von den erlaubten 40 km/h auf knapp 120 km/h beschleunigt, da er annahm, die Langsamfahrstelle bereits wieder verlassen zu haben. Als der Zug eine für 60 km/h Höchstgeschwindigkeit ausgelegte Weiche durchfuhr, entgleiste er, durchbrach eine Lärmschutzwand, querte einen Vorgarten und stieß mit einem Einfamilienhaus zusammen.

Wäre ich Redakteur beim NDR, müßte ich mich wahnsinnig zusammenreißen, um hier nicht von "rasen" zu sprechen. Da paßt das Bild: "Brüllend beschleunigte die Lok. Da kam die Weiche, Funken sprühten, donnernd entgleisten die Wagen."

"22. September 2006: Bei einem schweren Unfall auf der Transrapid- Versuchsstrecke im emsländischen Lathen sterben 23 Menschen, elf werden verletzt."

Zumindestens für mich ist der Transrapid das genaue Gegenteil von Eisenbahn. Wahrscheinlich operiert er nach der EBO, aber er verkehrt auf einer isolierten Teststrecke, nicht im Schienennetz der deutschen Bahn. Gehört also nicht in den Artikel.


Hätte die Überschrift nicht besser "Wahllos ausgewählte Zwischenfälle in Zusammenhang mit spurgebundenen Fahrzeugen seit 1990" lauten sollen?




Sonntag, 16. März 2008

Sehnsucht nach cubic inches

Ganz ehrlich: Ich hatte bei einem dieser Videos Tränen in den Augen. So ergreifend wunder-wunder-wunderschön habe ich seit meiner Fahrt in den Trompeten von Coventry keine Maschine mehr Lebensäußerungen abgeben hören.

http://nelsonracingengines.com/video_drive.html

Diese Fahrzeuge werde ich niemals in meinem Leben fahren, geschweige denn besitzen. Trotzdem, ich werde ihren Klang die ganze nächste Woche im Ohr haben, wenn ich das Dieselcabrio meiner Eltern bewege, und bei jedem Vorglühen werde ich in Tränen des betäubenden Wehmuts und des Grolls gegen deutsche Spritpreise und Zulassungsbestimmungen ausbrechen.

Als ich die Preisliste dieser Company gesehen habe, war ich kurz davor, Kleinholz aus meiner Wohnungseinrichtung zu machen. Für die Hälfte dieses Betrags bekommt man diesseits des Atlantiks gerade mal zwei 1,9er TDI von VW. Die 110-PS-Modelle. Ist dieses Leben nicht manchmal himmelschreiend unfair?

Aber was solls. So viel Leistung ist doch Wahnsinn. Das braucht doch keiner. 61 PS reichen ja wohl, um sich totzufahren, oder?

Donnerstag, 13. März 2008

Schülerredakteur am Werk?

Morgens um zehn vor sechs mit diesem Artikel konfrontiert zu werden, schlägt etwas auf den Magen. Kann natürlich sein, daß ich zu anspruchsvoll bin, aber das Ding besteht in meinem Augen ausschließlich aus kruden Formulierungen. Mich erinnert das an die ersten Gehversuche meiner Kommilitonen im JDF1-Seminar ;-)

Und noch was zum Lachen aus derselben Ausgabe.

Mittwoch, 12. März 2008

"Bild" liegt klar daneben

Hier ist unser Umweltminister, Herr Gabriel, zu sehen. "Bild" kommentiert das folgendermaßen:

"Die Fliegerei bringt ihn mal wieder in die Kritik: Bundesumweltminister Sigmar Gabriel – hier in einem Flugsimulator des Airbus A 310"


Ich habe nicht die geringste Ahnung, in was für einem Apparat Sigmar da sitzt. Aber ein A310 ist es garantiert nicht. Und auch keiner von unseren Challengern.

Das muß irgendwas kleines Zweimotoriges sein, Turbofan oder -prop. Signifikant sind die Lage des Fahrwerkhebels direkt vor Siggis rechtem Knie (das Weiße unter den drei grünen Punkten) und die Feuerlöschhebel (die vertikalen roten Dinger rechts unter seiner Hand) zwischen den Triebwerksinstrumenten und dem Glareshield. Habe ich so in der Form noch nicht gesehen. Diese beiden Dinge müßten eigentlich genügen, um den Typ identifizieren zu können.

Weiß jemand, was das für eine Kiste ist?

Lösung: Es ist eine Dornier Do-228. Tausend Dank und ein Pilsener gehen an K. W., den frischgebackenen Busfahrer. Airbus, versteht sich. :-)

Es geht munter weiter

Der kleine Zwischenfall am vorletzten Samstag hat die Luftfahrt-Sachverständigen von "Spiegel Online" und "Bild" offenbar in eine Art Dauergeilheit auf lauwarme News versetzt: Wenn bei der Lufthansa jemand pupst, kommt es jetzt in die Zeitung.

Dabei ist mal wieder rein gar nichts passiert: Flug von Köln nach Paris im CRJ, Abgastemperatur unterwegs zu hoch, vorsichtshalber Landung in Brüssel. Drei Leute verstauchen sich beim Aussteigen irgendwas oder haben es mit dem Kreislauf nicht so dicke. Alltag, nichts anderes. An einem durchschnittlichen Tag geschieht so was weltweit mindestens einmal.

Fangen wir mit dem ersten Satz von "Spiegel Online" an:

"Der Jet, der auf dem Flug von Köln nach Paris war, ging heute Vormittag auf dem Brüsseler Flughafen Charleroi nieder."

Das buche ich mal unter stilistischer Freiheit ab. Klingt aber frisch und ungewohnt - öfter mal was Neues, warum nicht? Die Spiegelanten haben dementsprechend einige Sachen auf Lager, von denen noch niemand was gehört hat:

"Zuvor hatten die Instrumente im Cockpit erhöhte Abgaswerte und die Warnung "Engine on fire" ("Motor brennt") angezeigt, wie eine Lufthansa-Sprecherin in Frankfurt am Main sagte."

Soso, erhöhte Abgaswerte. Warum die Kiste trotzdem durch die AU gekommen ist, weiß ich nicht. Vielleicht haben sie mit ein paar alten Lappen das Cowling während der Messung zugestopft? Oder bei angezogener Handbremse die Kupplung kommen lassen?

"Motor brennt" ist ein heißer Kandidat für die trockenste Übersetzung des Jahres. "Feueralarm am Triebwerk" entspricht eher den Umständen und klingt zudem deutlich dramatischer - wer könnte da widerstehen?

Die Kollegen vom Springer-Verlag haben es nicht wesentlich anders gelöst. Anzunehmen, daß auch sie nur eine Agenturmeldung etwas umgebosselt haben:

"Während des Fluges LH 4284 von Köln nach Paris hatten die Instrumente im Cockpit eine Warnmeldung angezeigt: Zu hohe Abgaswerte! Die können auf eine Überhitzung im Triebwerk hinweisen."

Klingt schon etwas besser, ist aber ebenfalls totaler Schwachsinn.

Nun ja, das kleine gelbe Lämpchen brannte wohl, und in der Bedienungsanleitung steht, daß man den Flug dann nur noch bis zur nächsten Werkstatt fortsetzen darf. Daß sich die Leute auf den Rücksitzen beim Ausste
igen was getan haben, könnte auf ein zügiges Verlassen des Flugzeugs über die Rutschen hindeuten - wenn der CRJ überhaupt welche hat. Bin zugegebenerweise gerade zu faul, das nachzulesen. Aber Spekulation ist ja fruchtlos und böse.

Warum die Kollegen in den Hamburger Redaktionen nicht einfach sorgfältig aus dieser fast "sehr gut" zu nennenden Agenturmeldung der AFP abgeschrieben haben (wie sie das sonst auch mehr oder weniger erfolgreich tun), weiß ich nicht. Dann hätte ich fast nichts zu nörgeln. Dafür bin ich aber hier:

Daraufhin sei die Feuerlöschautomatik ausgelöst worden. Das Flugzeug habe aber sicher landen können.
.
Es gibt keine Feuerlöschautomatik, wohl aber eine Feuerlöschvorrichtung - und die löst der Luftkutscher selbst aus, indem er am großen roten Hebel zieht. Und das "aber" streichen wir mal besser ersatzlos.




Montag, 10. März 2008

Australische Moralrichtlinien

Heute gehts mal nicht um Flugzeuge, sondern um Schweinkram.

Diese Nachricht ist kalter Kaffee, und es ist überhaupt nichts an ihr auszusetzen. Trotzdem ist sie in einer Hinsicht bemerkenswert. Ich bin in meiner Bookmarkliste gerade noch mal über sie gestolpert und habe mich gleich wieder über die beiden letzten Absätze gefreut:


While it is not an offence to bring pornographic material into Australia, an Australian customs spokeswoman said it was an [sic!] crime to bring in 'objectionable' or 'abhorrent' pornography into the country.

This would include materials that 'offend against the standards of morality, decency and propriety generally accepted by reasonable adults', the spokeswoman said.



Ist dieses Statement nicht ein echtes Schätzchen? Da kann man doch wahnsinnig viel dran ruminterpretieren, und das bei so einem delikaten Thema.

Wo fängt es bei handelsüblicher Pornographie denn an, "objectionable" oder "abhorrent" zu werden? Ich finde, Analverkehr ist ein spaßiger und völlig gesellschaftsfähiger Zeitvertreib, aber hält der gemeine Australier das schon für fragwürdig? Und, noch wichtiger, was meint der kurz vor der Pensionierung stehende Zöllner dazu? :-)

Ist "Gina Wild 4 - Jetzt wirds schmutzig" vielleicht noch okay, aber "Gina Wild - Die Spermaklinik" schon nicht mehr, weil da - Verzeihung - nach Herzenslust herumgefistet wird? Fragen über Fragen, die sich schon bei Nullachtfuffzehn-Pornograpie stellen.

So richtig interessant wird es aber bei den "standards of morality, decency and propriety generally accepted by reasonable adults". Ich muß da immer an diesen bekannten Amateurporno aus dem Kit Kat Klub in Berlin denken, in dem ein armes Mädchen auf einer alten Militärpritsche festgeschnallt und mit Dosenravioli übergossen wird, während... na ja, das gehört hier nicht hin. Es gibt sicherlich viele "reasonable adults", die das "generally" schon akzeptieren. Oder diese Pornos aus den USA - drei dieser Schwarzen mit riesigen Penissen, die dann... - nun, Ihr wißt, was dann kommt. Ist das für australische Erwachsene noch im Rahmen des Gesitteten? :-)

Gestern lief auf "Blue Movie Extra" wohl ein leicht peinliches Erotik-Machwerk, das sich um eine entgleisende Gartenparty drehte. Eine der Teilnehmerinnen hatte eine halbe Schwarzwälder-Kirsch-Torte in der Gesäßfalte kleben, während sie von hinten... und so weiter. Ist so was moralisch noch vertretbar? :-)

Mein Lösungsvorschlag: Um Mißverständnisse zu vermeiden, sollte die australische Immigrationsbehörde ein Merkblatt herausgeben, in der detailliert ausgeführt wird, welche pornographischen Handlungen nach australischem Maßstab akzeptabel sind. Oder sie könnte ihre Sprecherin bitten, in Zukunft auf derart phantasieanregende Statements zu verzichten. :-)

Hey, ich will ja nur am Zoll keinen Ärger kriegen.

Dienstag, 4. März 2008

Der Gipfel des Blödsinns

Die "Bild" läuft derzeit auf 150 Prozent und versorgt den Leser stündlich mit neuen Informationen.

Oder schafft es, sich im Stundentakt noch lächerlicher zu machen, das ist Ansichtssache.


"Wie oft kommt es zu Beinahe-Katastrophen am Hamburger Flughafen?"

Ich beantworte das spontan, ohne das jetzt nachzuprüfen, mit:

"In den letzten paar Jahrzehnten so gut wie gar nicht."

"Bild" sieht das anders und führt wahllos eine Handvoll alltäglicher Ereignisse auf, Vogelschlag oder "Fehler im Bordcomputer."

Mir ist schleierhaft, was das mit Beinahe-Katastrophen zu tun haben soll. Aber mann kann ja erst mal dem Leser Angst machen.


Nachtrags-Nachtrag

Diese beiden Artikel aus der Bild sind total schwachsinnig und mit derart vielen Fehlern vollgestopft, daß ich keinen Bock habe, sie auseinanderzufriemeln. Nur ein paar Kostproben:


Die schöne Co-Pilotin (24) steuerte den Airbus. War sie etwa zu unerfahren?

Oder war Maxi J. etwa zu jung, zu unerfahren für den Job?

Die junge Pilotin am Steuer eines trudelnden Flugzeugs

„Wenn schlechte Sicht herrscht, muss der Kapitän übernehmen“, so Kirschneck. Für Wind in Orkanstärke gilt die Regel also nicht.

Axel Raab (Deutsche Flugsicherung): „Weil sie über ein elektronisches Führungssystem verfügt. Der versteht was von seinem Handwerk.“

Vor dem Aufsetzen („Touchdown“) drückt eine Böe die Maschine nach links. Mit Pedalen (3) versuchen die Piloten den Seitenwind auszugleichen.

Totenstille an Bord, Spucktüten werden benutzt

In letzter Sekunde startete Pilot Oliver A. (39) durch, rettete 131 Passagieren und sechs Crewmitgliedern so das Leben



Ich möchte das nicht weiter kommentieren. Ich schäme mich für diese Art von Journalismus.

Die für mich unerklärliche Aussage, daß der Co (die Erste Offizierin - ja, es war eine Frau - klingt blöd) den Anflug durchführen durfte, wird wohl von den Jungs in den zuständigen Foren besprochen werden, und ich will ja nicht ohne Recherche haltlos spekulieren und falsche Urteile fällen.

Wenn ich sie wäre - dann würde ich wegen dieser Aussage

"Die unerfahrene Co-Pilotin flog die Maschine!"

mit jedem Anwalt, die ich bezahlen könnte, wegen Verleumdung über die "Bild" herfallen.

Los, Leute! Anwalts-Spendensammelkonto für Maxi S. (24) gründen! ;-)


Montag, 3. März 2008

Und noch ein Nachtrag

Mir reichts. Ich höre auf, mich zu diesem Thema zu äußern. Schluß. Aus. Ende. Hat keinen Zweck.

"Über die Rollbahn 2-3 seien zum Zeitpunkt des Anflugs der Maschine schwere Sturmböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 90 Stundenkilometern gefegt. Bei einem Winkel von 70 Grad zum landenden Flugzeug hätten damit schon fast sogenannte Cross-Winde geherrscht."

Fast ein Crosswind. Bin vom Stuhl gekippt vor Lachen.

Nachtrag zum Wingtip

Ich empfehle, hier ab dem ersten Post von "FloWo" - ungefähr in der Mitte der Seite - mal kurz weiterzulesen. Einfach nur lustig.

...und als Vorgeschmack hier ein Zitat von "IPC":

"Auf SWR3 heisst es zur Zeit: "Der Pi[l]ot hatte schon vor dem Aufsetzen Probleme: Das Flugzeug flog quer zur Landebahn."

Aber was erwartet man auch von einem Radiosender, dessen Homepage aussieht wie aus dem Strato-Baukasten.

Emma und der Wingtip

Herrje, was war am Samstag alles los! Ein Baum fiel auf einen fahrenden ICE, die Feuerwehr legte Sandsäcke am Bürgerfelder Teich, und in Hamburg hat ein Lufthansa-Airbus bei der Landung den Boden mit der Flügelspitze berührt.

An diesem Vorfall mit dem Airbus kann man wunderschön sehen, wie so ein Ereignis heutzutage in die Medien gerät. Ich versuche, das chronologisch darzustellen. Vorhang auf!

Samstag, 01. März 2008, vormittags: Lars T. steht mit Freunden irgendwo am Flughafen Hamburg herum, erfreut sich an den landenden Flugzeugen und photographiert sie. Das nennt man Spotting.

Samstag, 01. März 2008, gegen Mittag: Der Lufthansa-Flug LH044 aus München, ein Airbus A320 namens "Suhl", befindet sich im Anflug auf die Landebahn 23. Das Wetter ist ungemütlich:

EDDH 011220Z 29028G48KT 9000 -SHRA FEW011 BKN014 07/05 Q0984 TEMPO 29035G55KT 4000 SHRA BKN008

Im Klartext: Wind aus 290 Grad, 28 Knoten, in Böen 48. Das ist im Rahmen dessen, was mit dem Airbus A320 im Rahmen der Zulassung demonstriert wurde.

Beim - vielleicht ein winziges Bißchen zu früh erfolgenden - Abfangen der Maschine über der Landebahn wird sie von einer starken Bö erfaßt. Der linke Flügel streift mit der Spitze den Boden.


Samstag, 01. März 2008, genau jetzt: Macht Lars T. das Photo seines Lebens. Die Piloten leiten ein Durchstartmanöver ein und landen kurze Zeit später auf der Runway 33.

Samstag, 01. März 2008, 17:03:40: Lars T. postet das Photo im
Sturm-Thread in seinem Spotterforum.

Samstag, 01. März 2008, am späten Nachmittag: Das Bild macht die Runde. Nutzer "EDFH-FR" stellt es unter dem Thema "Autsch" auf pilots.de, der Mutter aller deutschen Pilotenforen, ein.

Samstag, 01. März 2008, 19:10:45: Der Benutzer "N14AZ" startet einen "LH A320 Getting Rid Of Its Winglet During Landing" genannten Thread auf airliners.net, der Mutter aller Luftfahrtforen, und verweist darin auf den Sturm-Thread.

Samstag, 01. März 2008, 19:36: "JuniorMan" erstellt das Thema "LH A320 Rough Landing @ Hamburg" auf PPRuNe, der Mutter aller Gerüchteküchen und verlinkt Larsens Photo.


Schon auf pilots.de wurde auf ein Video des Ereignisses auf Youtube hingewiesen, das genau wie Videos anderer Landungen am Samstag immer wieder auf verschiedenen Nutzerkonten auftauchte und kurz darauf vom jeweiligen Nutzer entfernt wurde. Am Abend war der Youtube-Account desjenigen, der die Video als erster eingestellt hatte, gelöscht. Zwei Kopien schafften es auf Liveleak.com, von denen eine überlebte.

Und jetzt, dachte ich, gehts richtig rund. Denn meine Kollegen lesen nur zu gerne in oben genannten Foren - in denen nur ein Bruchteil der Teilnehmer Verkehrspiloten sind - mit und schustern sich aus den größtenteils unqualifizierten Kommentaren Unbeteiligter ihre Artikel zusammen. Der englische Boulevard ist dabei federführend, aber auch die BBC macht munter mit und ist sich nicht zu schade, auf diese Foren als "Quelle" zu verweisen. Auf der Startseite von PPRuNe wird mittlerweile darauf hingewiesen, daß die Teilnehmer sich deswegen bitte zurückzuhalten hätten:

"As these are anonymous forums the origins of the contributions may be opposite to what may be apparent. In fact the press may use it, or the unscrupulous, to elicit certain reactions."

Heftig, was?

Auch Journalisten müssen mal Feierabend machen, und deswegen gab es am Samstag abend bei den üblichen Verdächtigen kein Wörtchen über das Ereignis in Hamburg zu lesen. Die Frühschicht von Spiegel Online ist dafür gleich in die Vollen gegangen. Getitelt wird mit dem unschönen Wort

"Horrorlandung"

und danach behauptet, daß es sich um einen "Beinahe-Crash" gehandelt hätte. Der Kollege setzt den Zeitpunkt des Vorfalls mit "gegen 14 Uhr" an. Aber jetzt kommts:

"Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE wird dabei das Winglet beschädigt - jener Stummel an Flügelende, der Luftwirbel verringern und so Kerosin sparen soll."

Nach meinen Informationen dürften die "Informationen von SPIEGEL ONLINE" aus den oben genannten Foren stammen. Klingt aber schon mal ganz anderes als beispielsweise:

"In der Online-Community airliners.net wird behauptet, daß dabei das Winglet beschädigt wird - jener Stummel an Flügelende, der Luftwirbel verringern und so Kerosin sparen soll."

Zum ersten: Ein Winglet "verringert" keine "Luftwirbel". Es erzeugt Auftrieb - unter anderem. Und zum zweiten, wenn wir schon dabei sind: Der Airbus A320 hat keine Winglets, sondern Wingtips.

Der Rest des Artikels ist solide und zitiert einen Lufthansa-Sprecher, der die Piloten lobt. Axel Raab von der Deutschen Flugsicherung darf noch anmerken, daß er so etwas "auf einem deutschen Flughafen noch nicht gesehen [habe]." Abgesehen von der leichten Panikmache am Anfang und den üblichen handwerklichen Fehlern also noch erträglich.

Als die "Bild" auf den Zug aufsprang, rechnete ich mit dem Schlimmsten und erwartete wüste Attacken auf die Piloten. Ich wurde angenehm überrascht - aber das ist wohl der alerten Pressetruppe von der Lufthansa zu verdanken, deren Sprecher Weber ausgiebig zitiert wird. Eine Bildmontage ziert den Artikel, angeblich der Kapitän des Fluges, in Lars T.'s Photo hereingeschnipselt und darunter der Lobpreis:

"Dieser Pilot verhinderte Flugzeug-Katastrophe"
"Dieser Pilot ist ein Held"

"Sie alle entkommen nur knapp einer Katastrophe - weil Pilot Oliver A. (39) perfekt reagiert."

Dem schließt sich eine tüchtig dramatisierte Darstellung des Geschehens an - woher die "Bild" die ohne "circa" oder "etwa" angegebenen "250 km/h Landegeschwindigkeit" (die mir zu niedrig erscheint) nimmt, weiß ich nicht - und die Bezeichnung von Lars T. als "Leser-Reporter". Die "1414" wird er wohl kaum angesimst haben. Interessant wäre zu wissen, ob er dafür mehr als die 400 Euro bekommen hat, die die "Bild" bei Veröffentlichung eines Leserphotos zahlt. Mittlerweile hat "Bild" den Kerl, der das ganze gefilmt hat, zur Fahndung ausgeschrieben. Sachdienliche Hinweise bitte hier einreichen.

Schließlich darf der Kapitän sein Handeln kommentieren:

"Wir leiteten sofort das Durchstarten ein – ein Verfahren, das in der Ausbildung oft trainiert wird. Ein anspruchsvoller Anflug ..."


Durchstarten? Anflug? Was denn jetzt? Aber das ist sowieso frei erfunden. Die Tagesschau erwähnt hierzu Thomas Jachnow, auch Lufthansa-Sprecher:

"Flugkapitän Oliver A. wolle sich nicht öffentlich zu dem Manöver äußern."

Tja, "Bild" - es hätte alles gut werden können. Kein Tribunal für Oliver, stattdessen Seligsprechung. Das wäre ja noch erträglich gewesen. Aber dann noch dem armen Mann Worte in den Mund legen, die er gar nicht gesagt hat - setzen, sechs.

Noch mal zur Tagesschau - die hat zwar auch die seltsam präzisen 250 km/h im Artikel, bleibt aber sachlich und hat lediglich den Klassiker im Programm:

"Mit einem Durchstartmanöver konnte der Pilot das Flugzeug mit 137 Menschen an Bord wieder unter Kontrolle bringen."

Kleiner Tip: Da vorne sitzen zwei Piloten, nicht nur einer. Und "unter Kontrolle bringen" steht nicht in kausalem Zusammenhang mit dem "Durchstartmanöver".

Und noch ein Schmankerl zum Schluß. Auf pilots.de erwähnt Nutzer "JBL", daß Jörg Kachelmann sich beim Tagesthemen-Wetter die Frage gestellt habe, warum LH044 wegen der geringeren Seitenwind-Komponente nicht von vornherein den Runway 33 statt der 23 angeflogen habe.

Nun, vom Wetter hat Herr Kachelmann zweifelsohne Ahnung. Aber da er sich nicht im Besitz einer Berufspilotenlizenz befindet und beim Anflug nicht im Cockpit der LH044 saß, sollte er sich diese Frage besser nicht stellen, da er sie nicht beantworten kann.


Zeit für ein Resümee: Hätte der wackere Lars T. sich am Samstag nicht aus der warmen Wohnung herausgewagt, hätte die Welt wohl erst von diesem Vorfall Notiz genommen, wenn die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung ihren Bericht fertiggestellt hätte - und dann wohl auch nicht in dem Ausmaß, in dem es jetzt geschehen ist. Aber er hat sein Photo gemacht und ins Internet gestellt. Was dann folgte, ist ein Fall für die Lehrbücher.

Eine derart rasend schnelle weltweite Kenntnisnahme dieser Windbö und ein derartiges Medienecho hätte es vor ein paar Jahren nicht gegeben. Es ist nur logisch, daß die mittlerweile blitzartig funktionierende Luftfahrt-Gerüchteküche im Internet mit Argusaugen von der Presse beobachtet wird. Das erfordert auf Seiten der Journalisten nüchternes Denken, überlegtes Handeln und viel Sorgfalt ohne "Wir-sind-die-Ersten"-Schaum vor dem Mund, wenn man aus solchen Informationsfetzen eine verantwortungsvolle Veröffentlichung machen will.

Die Behandlung dieses Vorfalls in den Medien ist wie immer teilweise in die Hose gegangen, mit den üblichen Handlungsmustern der üblichen Verdächtigen. Die ganz schlimmen Dinger sind diesmal ausgeblieben. Wenn - Gott bewahre! - statt des umgeklappten Wingtips eine Bruchlandung stattgefunden hätte, mit Toten und Schwerverletzten, stünde jetzt nichts von heldenhaften Piloten in der Zeitung. Das Video der Landung wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur öffentlichen Exekution der Piloten und mutwilliger Schuldzuweisung genutzt worden. Aber Oliver A. hat ein Glanzstück hingelegt, und alles ist gut.






Quizfrage: Wo in diesem Eintrag spekuliere ich haltlos? ;-) Der erste, der es entdeckt, kriegt ein Pils.

Donnerstag, 28. Februar 2008

Das Luftloch über Oldenburg

Diese Jungs hatten tatsächlich allen Grund, schreckensbleich wie die Urlauber zu werden: Eine Transall mit 60 schon für den Absprung bereitstehenden - das Stehen ganz wörtlich zu nehmen - Fallschirmjägern hat über dem Landkreis Cloppenburg demonstriert, warum der Kapitän im Zivilflieger nicht umsonst darum bittet, sich immer anzuschnallen. Mitten in einer Kurve fehlte ein ganzes Stück Belag in der wohl schlecht gepflegten Luftstraße - denn die Maschine fiel...


...in ein Luftloch. Und die arme Soldateska rumpelte und pumpelte durch den Laderaum.

Dieses ganz alltägliche Ereignis wird von hornbebrillten Menschen in weißen Kitteln, die in unverständlichen Fachbegriffen miteinander reden, auch mit dem weltfremden Ausdruck

Turbulenz

bezeichnet. Aber wer weiß schon genau, was Turbulenzen sind? Steckt da nicht Dr. Klaus Zumwinkel gerade drin? Und deshalb titeln meine Kollegen von der Nordwest-Zeitung lieber mit einem völlig blödsinnigen Begriff für ein nichtexistentes Phänomen - dem Luftloch eben. Als wenn da auf einmal eine kleine, putzige Vakuumblase gewesen wäre, um im Pressesprech zu bleiben.

Spaß beiseite, 25 von den Jungs haben sich verletzt. Das hat also gewaltig gerumst. Vielleicht ein Microburst?

Hey, das ist haltlose Spekulation, sagt mein geneigter Leser jetzt. Ja aber Herrgottsblechle, ich will doch auch Journalist werden! Sollte ich mich da nicht schon beizeiten wie einer verhalten?

Gegen den Major am Knüppel der Transall hat die Bußgeldstelle des Heeres mittlerweile ein Verfahren wegen Popeln am Steuer eingeleitet. Hätte der gute Mann doch einfach die Beschilderung beachtet, dann blieben ihm jetzt die vierzig Euro und der Punkt erspart.

Freitag, 8. Februar 2008

"Jetzt" weiß es sogar der "Express"

Auf diesem Wege möchte ich mich herzlich bei dem freundlichen Zeitgenossen bedanken, der heute morgen seinen "Express" in der Linie 66 liegengelassen hat. Hat die Fahrt nach Augustin entscheidend verkürzt.

Zwar sind sie etwas langsamer als der Rest der Welt gewesen, aber trotzdem haben die Kollegen aus Köln heute ein richtig heißes Eisen auf Youtube aufgetan:

"Jetzt wissen wirs: Die strippende Stewardess arbeitet für..."

Thema: Eine hübsche Stewardess mit hübsch großen Brüsten entkleidet sich im Cockpit. Herr Kapitän wiegt die Melonen sicherheitshalber noch mal nach und läßt das Ganze vom Ersten Offizier mitfilmen. Haben ja auch nichts zu tun im Cruise. Dieses jahrealte Filmchen überrollt das Internet momentan schneller als der Anna-Kournikova-Virus. Leider findet der Kenner zwei Fehler in der Schlagzeile:
  • "Jetzt" bedeutet wohl, daß beim Express jetzt auch die Kommentare von Youtube-Videos gelesen werden. Denn daß die freizügige Dame bei der AOM angestellt war, ist bekannt, seit dieses Video im Netz ist.
  • Zweitens ist bekannt, wo sie gearbeitet hat - denn die AOM gibt es nicht mehr. Wo Madame heute buckeln geht, ist unbekannt. Geben die Jungs im Artikel dann auch zu.
Das ist eben Boulevard-Niveau und bei einer Zeitung, die in derselben Ausgabe einen "VW Sprinter" unterbringt, auch nicht verwunderlich. Solange sie weiterhin zwei nackte Frauen pro Ausgabe bringen, stört mich das nicht.

Nur ärgert mich jetzt, daß ich meinen eineinhalb Jahre alten Bookmark nicht mehr habe. Da hatte ich das freizügige Franzosen-Filmchen schon mal gefunden. Sogar in richtig guter Qualität und nicht der 4x3-Pixel-Auflösung auf Youtube. Tja, das dürft Ihr mir jetzt glauben ;-)

Israelische Kampfpiloten fliegen mit Dauerständer

Wären die mal bei LSD geblieben - das macht wenigstens keine Latte.

Unfaßbar...

Sonntag, 3. Februar 2008

Wahnsinn: Bild macht alles richtig

Da fängt der Tag doch glatt mit einem richtig dicken Ding an. Ausgerechnet das Luftfahrt-Fachblatt "Bild", beliebt für seine tolle Witzekiste, macht auf einmal alles richtig. Oder schreibt korrekt aus den Werksunterlagen ab - auch das wäre schon mal ein Fortschritt.

Ob man sich von diesem 360-Grad-Bild, das seit einer knappen Woche durch die Aviation-Community im Internet geistert, zu diesem Überblick des A380-Cockpits hat inspirieren lassen? Die Fachtermini werden im richtigen Kontext verwendet, knackig die wichtigsten Features zusammengefaßt, nur hätte man ein besseres Photo verwenden können. Ich hätte nicht gedacht, daß ich das noch erleben darf. Daumen hoch!

Tausend Dank an Herrn C. M. aus der Mainmetropole für den sachdienlichen Hinweis.

Freitag, 1. Februar 2008

Schreckensbleiche Urlauber, Teil 1

Jeder kennt das. Der Flieger ist mal wieder im Arsch, und die Passagiere entgehen so gerade noch dem totalen Inferno, weil diese überbezahlten Halbgötter in blau da vorne in ihrer Panik zufällig auf das richtige Knöpfchen gedrückt haben.

Man bekommt diesen Eindruck, wenn man Zeitung liest. Einige meiner zukünftigen Kollegen haben offensichtlich keinen blassen Schimmer, was Luftfahrt angeht. Leider lassen sie sich davon nicht aufhalten, sich mit schöner Regelmäßigkeit an ihren Artikeln zu verheben. Von Schmunzelfehlern bis zu grobem Unfug ist alles möglich, egal ob das Ganze nur ein bißchen oder verdammt reißerisch rübergebracht wird. Dabei ist es nicht mal Hexerei, handwerklich gute Artikel zur Fliegerei zu schreiben.

Andererseits: Manches Kunstwerk der dramatischen Überspitzung und der Groteske wären uns verlorengegangen, wenn sie nicht den Sprung aus einem Journalistenhirn ans Tageslicht geschafft hätten. Kostprobe gefällig?

  • "Schreckensbleich hingen die Urlauber in den Gurten" (Agenturmeldung)
  • "Passengers screaming as the airplane plummeted to death" (The Sun)
  • "Seelenruhig meldete der Pilot: Gehe auf Gleitflug" (Bild)
  • "Und das gilt auch für die Turkish Airlines, denen in den letzten Jahren auch ein paar Flugzeuge aus dem Himmel gefallen sind" (Korrespondent auf Eins Live)
Wenn ein Reisebus die Klippe runterstürzt, taucht so etwas nirgendwo auf. Niemand schreit in Todesangst, wenn eine Seilbahn abstürzt. Wo waren realitätsverzerrende Schreckensberichte von Eschede-Überlebenden? Und warum tauchen nur in zwei von zehn Wirtschaftsreportagen falsche Aussagen auf, aber in neun von zehn Luftfahrtartikeln?

Die auffällige Anhäufung inhaltlicher Fehler und übersteigerter Passagen kann ich derzeit nur festhalten. Meine werten Mitbürger sollen aber trotzdem wissen, daß ihre Tageszeitung den Anspruch auf richtige und sachliche Informationen nicht erfüllt, wenn es um Luftfahrt geht.

Ich will hier nicht ähnlich kleingeistig wie das Bildblog jede falsche Silbe sezieren (auch wenn das lustig ist). Stattdessen werde ich in loser Folge jeweils dann, wenn es aktuell ist, die schönsten verbalen Fehlgriffe und unterhaltsamsten Fehler heraussuchen und vorführen, wie es mit einem Hauch mehr Recherche möglich gewesen wäre, gute Arbeit abzuliefern.

Ausnahme: Um deutlich zu machen, welche Ausmaße dieses Problem hat, schnappe ich mir bald die Königin des deutschen Journalismus, tagesschau.de, um zu zeigen, worum es mir geht.

Stay tuned...

Das Wunder von Friedrichshafen

Mitten in dieser netten, kleinen Stadt am Bodensee ereignete sich vor knapp zwei Jahren ein Wunder. Und die Welt hat nichts davon mitbekommen. Die Jungs von der dort ansässigen Motoren- und Turbinenunion bauen seit 2006 eine Dieselmotorenbaureihe, die Audis V12-TDI für deren Le-Mans-Rennwagen als kurzatmigen Schlappschwanz disqualifiziert. Wozu es doch alles gut sein kann, in der Mittagspause die Januar-Ausgabe 2006 der Motorentechnischen Zeitschrift in der FH-Bibliothek durchzublättern.

Dieselmotoren für schwere Einsätze sind bleischwer, riesengroß und haben die Literleistung eines Vorkriegsautos - normalerweise. Hier liegen die Dinge etwas anders. Zum Auf-der-Zunge-Zergehenlassen:

  • Das Leistungsgewicht des vollständig aus Aluminium gefertigten Motors beträgt weniger als ein Kilogramm pro PS.
  • Der Motor ist klar kurzhubig ausgelegt.
  • Die 5,5l-Reihenfünfzylindervariante leistet laut MTZ 550 kW / 750 PS bei 4250 u/min.
  • Die V12-Variante mit knapp elf Litern Hubraum hat dieselbe Nenndrehzahl und leistet 1250 PS.
  • Im Zahnradantrieb der Nockenwellen sind zwischen Nockenwellenrad und Kurbelwellenrad pro Seite jeweils drei Zwischenräder angeordnet.
  • Der Motor besitzt einen Niedrigtemperatur- und einen Hochtemperatur-Kühlwasserkreislauf mit zwei separaten Radiatoren.
  • Zur Belüftung der Radiatoren werden zwei saugend ausgelegte Radialventilatoren verwendet.
  • Jeder Radialventilator hat eine Leistungsaufnahme von 32 kW.
  • Der Startergenerator erreicht Leistungen von über 120 kW.
  • Der gesamte Ölvorrat mit Ölpumpe und -filter ist bei den V-Motoren im Raum links und rechts unterhalb des V untergebracht. Es gibt keine Ölwanne.
  • Auf Wunsch ist ein Seriell- oder Parallelhybrid darstellbar, dessen Komponenten allesamt in das Motormodul passen.
Wow.

Wer nach dieser Anhäufung von Fakten nicht feuchte Augen bekommt und sich berührt von der unglaublichen Arbeit der Ingenieure den Klang eines bei Nenndrehzahl brüllenden Elfliter-Zwölfzylinderdiesel ausmalt, hat keine Motorendatenblätter auf dem Klo liegen und ein Herz, wo andere eine Doppelkammer-Hydraulikpumpe haben.

Meine Damen und Herren, einen brandenden Beifall bitte für den besten Dieselmotor der Welt.
Und eine Runde Mitleid für die Presseabteilung bei MTU, die das Teil nicht mal im Technik-und-Motor-Teil der FAZ untergebracht bekommen hat.