Mittwoch, 12. März 2008

Es geht munter weiter

Der kleine Zwischenfall am vorletzten Samstag hat die Luftfahrt-Sachverständigen von "Spiegel Online" und "Bild" offenbar in eine Art Dauergeilheit auf lauwarme News versetzt: Wenn bei der Lufthansa jemand pupst, kommt es jetzt in die Zeitung.

Dabei ist mal wieder rein gar nichts passiert: Flug von Köln nach Paris im CRJ, Abgastemperatur unterwegs zu hoch, vorsichtshalber Landung in Brüssel. Drei Leute verstauchen sich beim Aussteigen irgendwas oder haben es mit dem Kreislauf nicht so dicke. Alltag, nichts anderes. An einem durchschnittlichen Tag geschieht so was weltweit mindestens einmal.

Fangen wir mit dem ersten Satz von "Spiegel Online" an:

"Der Jet, der auf dem Flug von Köln nach Paris war, ging heute Vormittag auf dem Brüsseler Flughafen Charleroi nieder."

Das buche ich mal unter stilistischer Freiheit ab. Klingt aber frisch und ungewohnt - öfter mal was Neues, warum nicht? Die Spiegelanten haben dementsprechend einige Sachen auf Lager, von denen noch niemand was gehört hat:

"Zuvor hatten die Instrumente im Cockpit erhöhte Abgaswerte und die Warnung "Engine on fire" ("Motor brennt") angezeigt, wie eine Lufthansa-Sprecherin in Frankfurt am Main sagte."

Soso, erhöhte Abgaswerte. Warum die Kiste trotzdem durch die AU gekommen ist, weiß ich nicht. Vielleicht haben sie mit ein paar alten Lappen das Cowling während der Messung zugestopft? Oder bei angezogener Handbremse die Kupplung kommen lassen?

"Motor brennt" ist ein heißer Kandidat für die trockenste Übersetzung des Jahres. "Feueralarm am Triebwerk" entspricht eher den Umständen und klingt zudem deutlich dramatischer - wer könnte da widerstehen?

Die Kollegen vom Springer-Verlag haben es nicht wesentlich anders gelöst. Anzunehmen, daß auch sie nur eine Agenturmeldung etwas umgebosselt haben:

"Während des Fluges LH 4284 von Köln nach Paris hatten die Instrumente im Cockpit eine Warnmeldung angezeigt: Zu hohe Abgaswerte! Die können auf eine Überhitzung im Triebwerk hinweisen."

Klingt schon etwas besser, ist aber ebenfalls totaler Schwachsinn.

Nun ja, das kleine gelbe Lämpchen brannte wohl, und in der Bedienungsanleitung steht, daß man den Flug dann nur noch bis zur nächsten Werkstatt fortsetzen darf. Daß sich die Leute auf den Rücksitzen beim Ausste
igen was getan haben, könnte auf ein zügiges Verlassen des Flugzeugs über die Rutschen hindeuten - wenn der CRJ überhaupt welche hat. Bin zugegebenerweise gerade zu faul, das nachzulesen. Aber Spekulation ist ja fruchtlos und böse.

Warum die Kollegen in den Hamburger Redaktionen nicht einfach sorgfältig aus dieser fast "sehr gut" zu nennenden Agenturmeldung der AFP abgeschrieben haben (wie sie das sonst auch mehr oder weniger erfolgreich tun), weiß ich nicht. Dann hätte ich fast nichts zu nörgeln. Dafür bin ich aber hier:

Daraufhin sei die Feuerlöschautomatik ausgelöst worden. Das Flugzeug habe aber sicher landen können.
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Es gibt keine Feuerlöschautomatik, wohl aber eine Feuerlöschvorrichtung - und die löst der Luftkutscher selbst aus, indem er am großen roten Hebel zieht. Und das "aber" streichen wir mal besser ersatzlos.




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